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Subjekt und Herrschaft

Zur grundlegenden Rolle von „Identität“ in der Beherrschungs- und Unterdrückungslogik oder: mit „Identität“ keine Emanzipation.

Von Daniel Sanin

(vorgeschlagener Beitrag zur Disko-Reihe der Jungle World zum Thema "Emanzipation")

Das Mensch/Natur-Verhältnis in die Aufmerksamkeit dieser Disko-Reihe zu bringen („Natur und Herrschaft“, Jungle World 04/05), war sicherlich eine zentrale und gute Idee. Allerdings war die Darstellung David Kaeß´, besonders wo es um die menschliche Subjektivität ging – das Psychische –, wohl eher nur ein Auftakt, ein Ausgangspunkt.

Die „Dialektik der Aufklärung“ wird zwar fleißig und gewissenhaft zur Deutung und Erklärung heran gezogen, das entscheidende Moment der Selbstbeherrschung in der Dialektik von Mensch und Naturbeherrschung fehlt jedoch.

Stattdessen wird – leider und wieder einmal – die Psychoanalyse – als der Königsweg zum verborgenen, einem/r selbst fremden, unverständlichen Ich – bemüht. Die Krux mit der Psychoanalyse ist jedoch, dass sie nur in einem ersten Moment erklärt, in einem zweiten allerdings ideologisch verschleiert. Sie könnte auch als erklärungsförmige Verschleierungstheorie bezeichnet werden, wie sich vielleicht Klaus Holzkamp hätte ausdrücken können. Schon allein die breite Akzeptanz und Verwendung ihrer Konzepte in den bürgerlichen Schichten (im klinisch-therapeutischen, wie auch im wissenschaftlichen Bereich bis hin zum alltäglichen Gebrauch ihrer Begriffe: Identifizieren, Identifikation, Verdrängung, Unbewußtes, Libido etc.etc.) sollte doch schon stutzig machen.

Zum einen hat das auch historische Gründe, denn zu dem Zeitpunkt, als die radikalen Gesellschaftstheorien, namentlich die marxisitschen und hier besonders hervor stechend die „Kritische Theorie“, an Boden und Popularität gewannen (bzw. sich diese erkämpften), schien keine andere, derart umfassende, psychologische Theorie zur Hand zu sein. Zum anderen erklärt sich die relative Verbreitung der Psychoanalyse sicher auch aus ihrer letztlichen Ungefährlichkeit bzw. guten Integrierbarkeit in die herrschenden Verhältnisse. Immerhin ist es bequemer, Rechtsradikalismus z.B. einer missglückten Lösung des Ödipuskomplexes zuzuschreiben, als diesen einfach als ein gesellschaftlich präsentiertes Sinnangebot und bloß subjektives Korrelat gesellschaftlicher Verhältnisse zu betrachten. Bei der Psychoanalyse ist es kein Problem, die Gesellschaft außen vor zu lassen.

Zusätzlich muß gesagt werden, dass die marxistische Theorie und die Psychoanalyse von ihren Grundvoraussetzungen her unvereinbar, ja kontradiktorisch sind. Ich möchte allerdings nicht den gesamten hier bereit gestellten Platz mit der Untermauerung dieser Behauptung füllen. Exemplarisch führe ich einen Aspekt an: Marx konnte an eine emanzipatorische Gesellschaft glauben, da er den Menschen als gesellschaftliches Wesen sah, das sich selbst die Grundlagen für ein menschenwürdiges Dasein schaffen kann; Freud hingegen konnte das gar nicht erkennen, da er der monadisch-bürgerlichen Form von Subjektivität als realer auf den Leim ging. Er war ein Misanthrop, der die subjektive Unterdrückung durch „Kultur“ als notwendig ansah, damit eine Masse „natürlicher“ EgoistInnen überhaupt zusammen leben können (vgl. hierzu ausführlich Lichtman).

Zurück zum Bild von Subjektivität in der „Dialektik der Aufklärung“: Die Problematik der Beherrschung beginnt nicht beim Verhältnis des Menschen zur Natur, sondern beim Verhältnis des Menschen zu sich selbst. Diese Beziehung – wie könnte es bei Horkheimer und Adorno anders sein – ist natürlich dialektisch, d.h. aus dem Verhältnis zu sich selbst ergibt sich jenes zur Natur (es geht allerdings nicht um eine chronologische Abfolge, sondern um eine Gleichzeitigkeit). Bekanntlicherweise beginnt Adorno seine Analyse ja mit der Durchleuchtung des Charakters Odysseus´. An diesem macht er eine neue Form von Subjektivität aus, welche aus einer Art – mit Kuhn gesprochen – Paradigmenwechsel in der Naturbetrachtung resultiert: Es ist der gestählte, listige, ökonomistisch denkende, somit rücksichtslose Mann, welcher der Natur gegenüber steht (im Gegensatz zum zirkulär in den Naturzyklen eingebundenen Menschen [1]; Odysseus bricht die Zeitschleife auf und macht eine lineare Abfolge daraus).

In dieser Selbst- und Fremdbeherrschungslogik – die eine primär männliche ist – spielt das Konzept der Identität eine zentrale Rolle. Interessanterweise weisen die philosophischen und die psychologischen Theorien zu diesem Thema mehr Gemeinsamkeiten auf, als m/f meinen möchte: es geht um die Zuordnung zu Klassen, Kategorien etc., sprich: um Einteilung (ist a gleich a oder nicht, ist a schon a bzw. schon nicht mehr usw.usf.). In dieser Logik gibt es – hinsichtlich der psychologischen Theorien – auch gar keine subjektive Identität, da diese immer schon kollektiv ist. Daher kann auch kein ernst gemeintes identitäre Projekt auf lange Sicht emanzipatorisch sein, denn Identität ist per se antiindividualistisch. Identität steht nie für sich alleine, sondern sie steht immer in Relation zu etwas, zu einer Kategorie: Ich „als“ …

Die Logik ist jene der Angleichung, Anpassung, Einpassung, Einordnung. Mit dieser Logik des „Dieses gehört noch dazu, jenes schon nicht mehr“ befinden wir uns inmitten der Dynamik von Uniformisierung und Ausgrenzung. Dieses Problem ist im Kern von Identität schon angelegt und kann auch nicht mit Identität oder innerhalb von Identität gelöst werden.

Im Gegenteil kann Identität hervorragend instrumentalisiert werden und gar nicht unpassend nennt Lutz Niethammer sie einen „semantischen Mollusken“ (um das zu „verifizieren“ würde es genügen, zwei oder drei verschiedene psychologische Einführungswerke auf die Definition von „Identität“ zu durchleuchten; vgl. auch: http://home.reflex.at/~daniel.sanin/
identitaet/identitaet.htm#Weichtier).

Gerade in nationalen und ethnischen Diskursen ist das Identitätskonzept unendlich „wertvoll“. Kein anderes Konstrukt schafft es wie dieses, einen Kitt zwischen den Individuen und den kollektiven Konstruktionen und Kategorien zu schaffen, der die Menschen auch noch glauben macht, eigenständig Positionen in „der“ Gesellschaft einnehmen zu können, während sie doch in Wahrheit belogen werden bzw. sich selbst belügen. Identität steht für die freiwillige Unterordnung unter die herrschenden Verhältnisse. Und selbst wo identitäre Konzepte emanzipatorisch wirken, ist das nur ein kurzer Traum.

David Kaeß fordert ganz richtig ein Überdenken auf grundlegender Basis des menschlichen Verhältnisses zur Natur. Dieses jedoch würde sich gewissermaßen von alleine aus einem neuen Verhältnis des Menschen zu sich selbst ergeben. Vor allem erscheint es mir auch fundamental wichtig, die angerissene Logik – aus welcher der Kapitalismus erst entspringen kann – als eine ursprünglich und prinzipiell männliche zu erkennen (in diese Richtung arbeitet auch Roswitha Scholz, wenn sie versucht, das Geschlechterverhältnis als Konstituens in die kapitalistische Ideologie einzubauen bzw. dieses darin erst erkennbar zu machen).

Ein emanzipatorischer Hauptkampf sollte m.E. daher sich der Männlichkeit bzw. der männlichen Identität widmen. Ein positives Sich-beziehen auf männliche Identität kann in der Logik der hier getätigten Ausführungen letzlich nur reaktionär enden.

 

 

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