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VI. Forschungsmethoden-Untersuchungsdesign-Stichprobe

1. Die Forschungsmethoden 

1. 1. Grundlagen qualitativer Interviewverfahren

Qualitative Sozialforschung entspricht nicht dem klassisch empirisch-analytischen Forschungsverständnis, wie es von der „Mainstream-Psychologie“ favorisiert wird, deren Methodik sich nach dem Vorbild der Naturwissenschaften richtet. „Für eine qualitative Sozialforschung verbietet sich die bloße Anwendung eines methodisch-technischen Regelwerks, weil dieses einer weltoffenen Erkundung des Forschungsfeldes diametral entgegensteht.“ (Lueger 2000, S. 11) Im Unterschied dazu bilden möglichst offen erhobene Materialien das Forschungsfundament qualitativer Sozialforschung (ebd. S. 11).

Im Gegensatz zu den in der Psychologie dominierenden schriftlichen Befragungen gehören in der Sozialforschung qualitative Interviewverfahren zu den üblichen Erhebungsmethoden (vgl. Walter 1998, S. 172), die auf einem hermeneutischen Wissenschaftsverständnis basieren (vgl. Hohl 1998, S. 496). „Dieses betrachtet den Menschen als sinnkonstruierendes Wesen, das seine Situationsdeutungen und seine Lebensentwürfe in sozialen Beziehungen hervorbringt und in fortwährenden sozialen Aushandlungsprozessen verändert.“ (ebd.)

Diese methodische Herangehensweise soll sich nicht nur darauf beschränken, festgelegte Hypothesen zu überprüfen, die offen formulierten Fragen sollen auch die Selbstexploration der Befragten anregen, mit dem Ziel, eine umfassende Darstellung ihrer Gefühle, Einstellungen, Deutungsmuster etc. zu bekommen (ebd.). „Die Vorteile des qualitativen Interviews kommen dann zur Geltung, wenn es sich nicht um Häufigkeiten, sondern um inhaltliche Phänomenanalyse handelt – insbesondere dann, wenn es um die Aufdeckung komplexer Strukturen in bezug auf hochgradig subjektive, emotional stark besetzte Gegenstandsbereiche geht, bei denen womöglich widersprüchliche bzw. ambivalente Aussagen zu erwarten sind.“ (ebd., S. 497)

 

1. 2. Das problemzentrierte Interview

Das problemzentrierte Interview ist eine Form qualitativer Interviewverfahren. Das Adjektiv „problemzentriert“ bildet das zentrale Kriterium der Methode, das der Problemzentrierung (vgl. Witzel 1985, S. 230); das heißt, im Bemühen, eine Gesprächsstruktur zu finden, wird ein Frageleitfaden konzipiert, der darauf abzielt, „die tatsächlichen Probleme der Individuen systematisch zu eruieren“ (ebd.).

Problemzentrierung verfolgt das Ziel, „das Subjekt themenspezifisch zum Sprechen“ (Flick 1991, S. 158) zu bringen. Damit hat die/der ForscherIn die „Möglichkeit, den interessierenden Gegenstandsbereich in seiner Vollständigkeit abzutasten und kürzelhafte, stereotype oder widersprüchliche Explikationen des Interviewten zu entdecken und durch Nachfragen weiter zu explorieren.“ (Witzel 1985, S. 235)

Die Konzeption eines (offenen) Interviewleitfadens dient der thematischen Orientierung der Forschenden und ermöglicht damit zwar einen Grad der Strukturiertheit, negiert aber nicht das Prinzip der Offenheit, da der/dem Befragten weitgehende Artikulationschancen eingeräumt werden und sie/er zum freien Erzählen angeregt wird (vgl. Hopf 1991, S. 178). Hopf bezeichnet diese methodische Herangehensweise als „Kompromißbildung“ zwischen einem strengen Leitfadeninterview und einem narrativen Interviewverfahren (ebd.).

Das Instrumentarium dieses Verfahrens besteht aus dem Kurzfragebogen, in dem interessierende demographische Daten erhoben werden, dem Leitfaden, der Tonbandaufnahme und dem Postskriptum (vgl. Witzel 1985, S. 236). Der Vorteil der Tonbandaufnahme besteht darin, den gesamten Gesprächskontext und damit auch die Rolle der Interviewerin bzw. des Interviewers erfassen zu können, vorausgesetzt das Interview wurde vollständig transkribiert.

Durch das problemzentrierte Nachvollziehen und Sondieren der Explikation der Befragten sollte die/der ForscherIn schließlich „den Interpretationsrahmen für die anschließende systematische Textinterpretation“ (ebd. S. 242) herstellen.

 

1. 3. Die Kernsatzmethode

Ziel qualitativer Interviewverfahren ist es, das erhobene Forschungsmaterial in seiner Fülle, Komplexität und Vielfältigkeit darzustellen. Das umfangreiche Material soll dabei nicht nur wiedergegeben werden, denn das bloße Dokumentieren der Realität hieße, sie schlichtweg zu verdoppeln und nicht begreifbar bzw. verstehbar zu machen (vgl. Leithäuser & Volmerg 1988, S. 235). Außerdem sollen durch die Transformation der erhobenen Daten in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch „jene Merkmale alltäglicher Sprachspiele beibehalten [werden], in denen das Material erhoben wurde: die Kontextabhängigkeit der Bedeutungen, ihre notwendige Vagheit und die Flexibilität der Regeln.“ (ebd., S. 236)

Die Methode der Kernsatzfindung ist ein Textauswertungsverfahren, das in seiner Konzeption – im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, die das erhobene Material lediglich unter vorgegebene Kategorien subsumieren – versucht, den hermeneutischen Prinzipien qualitativer Sozialforschung und damit dem Anspruch nach Komplexitäts- und Kontexterhaltung, gerecht zu werden (vgl. ebd. S. 244). Dabei soll „weder von der Perspektive der Äußerung, noch von dem Situationsbezug, in dem die Äußerung steht, abstrahiert“ (ebd. S. 245) werden.

Die konkrete Herangehensweise dieses Auswertungsverfahrens lautet folgendermaßen: Zuerst wird in den transkribierten Interviewtexten nach jenen „natürlichen Verallgemeinerungen“ (ebd.) gesucht, die von den Beteiligten vorgenommen wurden. Diese Verallgemeinerungen, die das Produkt einer verdichteten lebens- und praxisnahen Begrifflichkeit sind, stellen nun die „Topoi“, die „Kernsätze“ im Verständigungsprozeß dar. „Es sind die Erfahrungs- und Konfliktanalysen der Beteiligten selbst, die in den Topoi bzw. den Kernsätzen formuliert werden.“ (ebd., S. 245)

Ist die Gliederung des Textes nach den Kernsätzen abgeschlossen, werden diese jeweils auf einer eigenen Karte notiert und mit der Kennzeichnung der objektiven Daten, das heißt der jeweiligen Textpassage, versehen. Im nächsten Schritt werden die Kernsätze nach den Ähnlichkeiten der Gehalte gebündelt. Diese Kernsatzbündel ergeben wiederum spezifische Themen und können schließlich in Erfahrungsfelder und Erlebnisdimensionen zusammengefaßt werden. In einem weiteren Schritt können die Kernsätze zu einem Auswertungsbild strukturiert werden, um ihr Verhältnis zueinander zu verdeutlichen.

Auf diese Weise erlaubt die horizontale Hermeneutik der Kernsatzfindung „eine zusammenfassende Darstellung der Relevanzstruktur der jeweiligen Erlebnisperspektiven“. (ebd., S. 247)

Um schließlich der Grundhaltung subjektwissenschaftlicher Forschung gerecht zu werden, sollten die ermittelten Ergebnisse mit den Forschungssubjekten diskutiert und ihre Rückmeldungen in den Auswertungs,- Interpretations und Erkenntnisprozeß miteinbezogen werden.

 

2. Untersuchungsdesign

Im nun folgenden Abschnitt werden die Grundüberlegungen der vorliegenden Untersuchung, die forschungsleitende Fragestellung sowie die erläuterten Forschungsmethoden in ihrer Anwendung dargestellt.

 

2.1. Grundüberlegungen

In Anlehnung an die theoretischen Ausführungen gehe ich bei meiner empirischen Untersuchung von einer zentralen Grundannahme aus: Jugendliche Lebenspraxis ist jugendliche Leistungspraxis.

Einerseits stehen Jugendliche aufgrund der dargestellten „Härte“ der gegebenen Lebens- bzw. Leistungsanforderungen massiv unter Druck, andererseits findet durch den Prozeß der Individualisierung eine Verinnerlichung dieser Anforderungen statt, was sie dazu veranlaßt, sich selbst massiv unter Druck zu setzen, sowohl in der Schule bzw. Arbeit als auch in der Freizeit. Der Leistungsbegriff beschränkt sich damit nicht nur auf schulische bzw. berufliche Leistungen, sondern wird auch auf soziale Anforderungen bzw. Produktiv-Sein allgemein erweitert. Der Vollzug dieser „eigenen“, weil internalisierten, Leistungsansprüche erscheint nicht mehr als objektive Anforderung, sondern als individuelles Bedürfnis und folgt damit einem Prinzip kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse, dem Prinzip der „freiwilligen“ Unterwerfungsbereitschaft.

Grundsätzlich muß noch darauf hingewiesen werden, daß Leistung, im Sinne von Produktiv-Sein oder Aktiv-Sein, per se nichts ideologisches ist. Mit der hier verwendeten Form dieses Begriffs sollen jedoch jene Aspekte an produktiven Handlungen eingefangen werden, welche sich im weitesten Sinne in die (bereits geklärte) ideologische Dynamik von Produktion und Reproduktion von Herrschaft und Macht, (Selbst-)Ausbeutung und (Selbst-)Unterwerfung einspannen lassen.

Hinsichtlich dieser Ausgangsüberlegungen eröffnen sich nun noch weitere Aspekte. Wenn objektive Leistungsanforderungen als subjektive Leistungsansprüche erlebt werden, werden Jugendliche ihr persönliches Scheitern bzw. Scheitern allgemein innerhalb der herrschenden Bedingungen als selbstverschuldet wahrnehmen. Die Verantwortungszuschreibung an diese Bedingungen und Verhältnisse gerät damit aus dem Blickfeld. Die Individualisierung des „Scheiterns“ folgt damit einem weiteren Prinzip der kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse, der Reproduktion dieser sozialen Ordnung.

Da ich meine Forschungssubjekte vom Subjektstandpunkt aus betrachte, gehe ich schließlich davon aus, daß jeder/m einzelnen ein Potential an widerständigen Handlungsspielräumen und ein Status an Autonomie zugestanden werden kann und muß.

 

2. 2. Forschungsleitende Fragestellung

Aufgrund meiner Ausgangsüberlegungen leiten sich folgende Forschungsfragen ab:

2. 3. Ziel und Anwendung der Forschungsmethoden

Die Wahl einer qualitativen Forschungsmethode anstatt einer quantitativen entspringt einerseits meinem subjektwissenschaftlichen Verständnis und ergibt sich andererseits direkt aus dem von mir gewählten Forschungsgegenstand selbst. Daß Jugendliche häufig Subjekte im wissenschaftlich empirischen Forschungsprozeß sind, wissen wir von zahlreichen, quantitativ angelegten, Jugendstudien, die uns sogar regelmäßig in populären Medien präsentiert werden. Diese Untersuchung verfolgt damit auch unter anderem das Ziel, die Lebenswelt und -praxis Jugendlicher einmal nicht in statistischen Zahlen darzustellen, sondern ihnen ein Sprachrohr zu verleihen, sie über sich selbst sprechen zu lassen.

2. 3. 1. Der Interviewleitfaden

Die Erhebungsmethode des problemzentrierten Interviews erschien mir für meine Forschungszwecke insofern am geeignetsten, als sie es ermöglicht, direkt beim Forschungsgegenstand zu bleiben. Bei der Konstruktion des Interviewleitfadens hatte ich diesen immer vor Augen und versuchte, durch konkrete thematische Schwerpunktsetzung die verschiedenen Themenfelder bestmöglich abzudecken und sie voneinander abzugrenzen. Das Ergebnis war ein fünfseitiger Leitfaden mit einer ganz klaren Struktur. Trotzdem gab es genug Spielraum für Flexibilität, was mir ermöglichte, auf jede Person einzeln eingehen zu können. Auf diese Art und Weise konnte ich jeder mir gebotenen Information offen begegnen.

Neben einer offenen Einstiegsfrage ist der Leitfaden in fünf Themenschwerpunkte, jeweils mit einer Eingangsfrage und mehreren ergänzenden Detailfragen, unterteilt. Nach dem ersten Interview schien es mir notwendig, ein paar formale Änderungen am Leitfaden, vor allem bezüglich einiger Formulierungen vorzunehmen; die inhaltlichen Schwerpunkte konnten jedoch so bleiben, wie sie waren.

Die offen und einfach angelegte Einstiegsfrage („Könntest du mir erzählen, was denn gerade so die Themen sind, die in deinem FreundInnenkreis wichtig sind, mit denen ihr euch beschäftigt? Was ist gerade angesagt, was ist gerade „in“?“) hatte auf seiten der Interviewten das Ziel, einen „warming-up“-Effekt und damit eine vertrauensvolle Basis herzustellen und auf meiner Seite, der Interviewerin, mir aus den gebotenen Themen und durch spontanes Nachfragen ein erstes Bild über die jeweilige Person zu machen.

Die erste Eingangsfrage („Reden wir ein bißchen über Aussehen, über Mode und Styling. Kannst du mir etwas darüber erzählen, wie wichtig Aussehen und Mode für dich ist?“) bildete den Themenschwerpunkt Aussehen/Selbstdarstellung/Stil. Mit dieser und den jeweiligen Detailfragen versuchte ich, die Motive zur und Praxen der Selbstdarstellung, betreffend das Aussehen, den Alltag, die sozialen Beziehungen, das Freizeitleben, zu ergründen. In Anlehnung an meine Forschungsfragen zielte diese Fragestellung darauf ab, den ökonomischen, sozialen und internalisierten Anforderungsstrukturen der Selbstdarstellung und damit dem Aspekt der Leistung nachzuspüren.

Die zweite Eingangsfrage („Reden wir ein bißchen über Schule, Ausbildung, Beruf. Könntest du mir etwas darüber erzählen, was du selbst gerade machst und wie es dir dabei geht?“) betraf den Themenschwerpunkt Schule/Arbeit/Beruf. Hier wollte ich einerseits herausfinden, wie schulische bzw. arbeitsbezogene Leistungsanforderungen von den Jugendlichen wahrgenommen und bewältigt werden. Andererseits zielten genauere Detailfragen darauf ab, die etablierten Leistungspraxen in Bezug auf Fremd- bzw. Selbstansprüche des/der jeweiligen Interviewten zu erforschen, was wiederum in einem direkten Zusammenhang mit meinen Forschungsfragen stand.

Die dritte Eingangsfrage („Sprechen wir ein bißchen über deine Zukunftsvorstellungen und Pläne. Wie stellst du dir dein Leben in 15 Jahren vor? Was möchtest du bis dorthin erreicht haben?“) bildete den Schwerpunkt Zukunftsplanung. Mit dieser Fragestellung wollte ich einerseits die Selbst- bzw. Fremdansprüche der Interviewten hinsichtlich ihrer Vorstellungen von Zukunft ergründen. Andererseits versuchte ich, durch gezieltes Nachfragen, Ängste und Momente der Belastung und der Überforderung seitens der Interviewten aufzuspüren. In Anlehnung an meine Forschungsfragen ging ich hier davon aus, daß der Zukunftsplanung unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen ein eigener Leistungsaspekt zukommt.

In der vierten Eingangsfrage („Sprechen wir noch ein bißchen ganz allgemein über Zukunftspläne und Ziele. Gibt es deiner Meinung nach Leute, die es leichter haben im Leben? Hast du das schon mal beobachtet?“) geht es um den Themenschwerpunkt Veranwortungszuschreibung. Um den etablierten Praxen der Verantwortungszuschreibung der Interviewten auf den Grund zu gehen, war die hier gewählte Fragestellung darauf angelegt, konkrete Erklärungsmuster hinsichtlich direkt thematisierter sozialer Phänomene, wie beispielsweise soziale Ungleichheiten, zu erforschen.

Die fünfte Eingangsfrage („Könntest du mir als letzten Punkt noch etwas darüber erzählen, welche Themen euch in deinem FreundInnenkreis so beschäftigen, diskutiert ihr da auch über Themen wie Umwelt, Politik, Wirtschaft, über das, was in der Welt so passiert?“) bildete schließlich den Themenschwerpunkt gesellschaftliches Bewußtsein. Hier interessierte mich, wie Gesellschaft erlebt wird und wie sich die/der jeweilige Interviewte im gesellschaftlichen Gefüge wahrnimmt.

2. 3. 2. Die Auswertung

Bei der Auswertung meiner Interviews orientierte ich mich an der bereits dargestellten Kernsatzmethode von Leithäuser und Volmerg (s.o.). Damit beschränkt sich meine Auswertung auf eine horizontale Hermeneutik, mit welcher die Breite des gesamten Untersuchungsfeldes dargestellt werden kann. Daß ein sequenzanalytisches Auswertungsverfahren im Sinne einer vertikalen Hermeneutik für Passagen meines Untersuchungsfeldes interessant wäre und den Forschungsprozeß bereichern würde, sei dahingestellt. Tatsächlich würde aber ein solches Verfahren den Rahmen dieser Diplomarbeit bei weitem sprengen. Aus demselben Grund konnte ich auch jener Forderung der Subjektwissenschaft nicht gerecht werden, die Forschungssubjekte direkt in den Auswertungsschritt miteinzubeziehen.

Ein weiteres Anliegen war für mich die Wahl einer induktiven Vorgehensweise, die Verallgemeinerungen an konkrete Erlebnissituationen bindet.

Die Kernsätze, die ich aus dem gesamten Untersuchungsfeld herausfilterte, wurden anschließend in Kategorien zusammengefaßt, anhand derer sich drei Themenschwerpunkte herauskristallisierten: Streß/Leistung, Selbstdarstellung und Gesellschaft. Eine genaue Darstellung der Schwerpunkte und der jeweiligen Kategorien findet sich allerdings erst in Kapitel VIII.

 

3. Die Stichprobe

3. 1. Rahmenbedingungen der Untersuchung

Das vorliegende empirische Forschungsmaterial besteht aus zehn Interviews, die je zwischen sechzig Minuten und zwei Stunden dauerten. Drei der Interviews fanden in meiner Wohnung, fünf bei den Interviewten zu Hause und zwei in einem Jugendzentrum statt. Alle Interviews wurden auf Tonband aufgenommen und anschließend vollständig transkribiert. Bedauernswerterweise versagte das Aufnahmegerät bei einem Interview, das damit nicht in die Auswertung aufgenommen werden konnte.

Alle Interviews wurden im Zeitraum zwischen dem 18.1.2002 und dem 18.2.2002 durchgeführt.

 

3. 2. Wahl der Interviewpersonen

Da es mir wichtig war, die Kategorie „gender“ in dieser Untersuchung zu berücksichtigen, stand für mich bereits vor der konkreten Auswahl meiner Interviewpersonen fest, daß gleich viele weibliche wie männliche Jugendliche befragt werden sollen.

Die Kategorie „culture“ hingegen (damit meine ich einen migrantischen Hintergrund im weitesten Sinne) sparte ich bewußt aus, da diese m.E. einen eigenen Schwerpunkt erfordern würde, den zu leisten meine Kapazitäten in diesem Rahmen überfordert hätte.

Zudem setzte ich eine Altergrenze, sowohl nach unten als auch nach oben fest. Aufgrund meiner Vermutung, daß das Thema Zukunftsplanung erst ab einem gewissen Alter an Aktualität gewinnt, sollten meine InterviepartnerInnen nicht jünger als 15 Jahre alt sein. Die von mir definierte Altersgrenze nach oben war 19 Jahre und schien insofern notwendig, als ich vermeiden wollte, daß ein zu großer Altersunterschied in der Auswertung als eigener Schwerpunkt thematisiert werden muß.

Die konkrete Auswahl meiner InterviewpartnerInnen fand größtenteils an jenen Orten statt, wo viele Jugendliche zu erwarten waren, in verschiedensten Einkaufsläden. War mir eine Person, die vom Alter her in meine Zielgruppe zu passen schien, sympathisch, so sprach ich sie an und versuchte sie zu einem Interview zu bewegen. Zusagen stellten dabei weniger die Regel als vielmehr die Ausnahme dar. Von männlichen Jugendlichen bekam ich im Vergleich zu den weiblichen weitaus mehr Absagen.

Mit dieser Methode fand ich schließlich sechs meiner InterviewpartnerInnen, vier weibliche und zwei männliche. Die anderen vier wurden mir durch persönliche Kontakte vermittelt. Dabei stellte sich die jüngere Schwester einer dieser InterviewpartnerInnen zur Verfügung, zwei weitere wurden mir durch einen Bekannten, der in einem Wiener Jugendzentrum arbeitet, vermittelt. Die letzte Interviewperson sollte schließlich der Wohnungsnachbar einer Freundin sein.

 

3. 3. Soziographische Angaben

Um den LeserInnen eine schnelle Übersicht zu ermöglichen, sollen hier ein paar Eckdaten zu den Interviewten versammelt werden.

Zum Geschlecht: Wie im letzten Abschnitt erwähnt, nahmen je fünf junge Frauen und Männer an der Untersuchung teil.

Zum Alter: Die jüngste Interviewte war zum Zeitpunkt des Gesprächs fünfzehn, die älteste neunzehn Jahre alt. Der Altersdurchschnitt liegt bei 16,8.

Zum familiären Hintergrund: Drei der GesprächspartnerInnen kommen aus einem, wenn man/frau es so formulieren darf, „unterprivilegierten“ Elternhaus (zumindest was den Bildungs- bzw. Berufsstand betrifft), die restlichen aus einem „bürgerlichen“. Bei fünf sind die Eltern geschieden oder leben getrennt.

Zur geographischen Herkunft: Alle Befragten leben in Wien, wobei zwei erst kürzlich aus anderen Bundesländern (Vorarlberg bzw. Kärnten) dorthin zogen.

Zur Wohnsituation: Bis auf zwei, leben alle InterviewpartnerInnen noch bei ihren Eltern bzw. zumindest bei einem Elternteil.

Zur schulischen/beruflichen Situtation: Zwei UntersuchungsteilnehmerInnen arbeiten als VerkäuferInnen, einer macht eine Lehre, einer ist arbeitslos, die restlichen besuchen verschiedene Schulen. Davon gehen drei in Privatschulen, zwei machen eine berufsbildene HTL, eine absolviert eine AHS mit bildnerischem Schwerpunkt.

 

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