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Einleitung

Bevor ich einen Überblick über die dieser Arbeit zugrundeliegenden Forschungsschwerpunkte biete, möchte ich kurz meinen persönlichen Zugang zum Thema transparent machen. Kreiste mein anfängliches Interesse um die Frage nach dem politischen Bewußtsein Jugendlicher, da dieses im öffentlich-medialen Diskurs meist nur mit dem Etikett „Politikverdrossenheit“ versehen wird, sollte mich eine genauere Auseinandersetzung zur vertiefenden Frage nach der allgemeinen Befindlichkeit Jugendlicher, nach deren Ängsten, Sorgen, Perspektiven etc., führen. Diese Ausgangslage machte es notwendig, mich neben einer bloßen Analyse von Individuallagen auch einer Analyse gegenwärtiger sozialer bzw. ökonomischer Strukturen und Rahmenbedingungen, Prozesse und Veränderungen, die mit dem Schlagwort der „neoliberalen Globalisierung“ bezeichnet werden, zuzuwenden. Auf der Suche nach einem geeigneten Konzept, anhand dessen es möglich sein sollte, das Zusammenspiel von Individuen und Gesellschaft einzufangen, sowie auch Herschafts- und Kapitalismuskritik zu üben, stieß ich schließlich auf den Begriff der Individualisierung, der für meine Forschungsinteressen zum zentralen Ankerpunkt wurde.

Vor diesem Hintergrund gliedert sich die vorliegende Arbeit zuallererst in zwei Teile, einen theoretischen und einen empirischen. Es scheint mir jedoch wichtig, vor einer Inhaltsübersicht noch einige Worte zur Herangehensweise zu verlieren. So konzentrieren sich die vier Stationen des Theorieteils größtenteils auf eine Analyse der sozialen Strukturen, Prozesse und Bedingungen, innerhalb derer Subjekte vergesellschaftet werden und weniger darauf, wie sie sich innerhalb dieser aktiv vergesellschaften. Erst nach einer Untersuchung sozialer Bestimmtheiten kann der forschende Blick auf die subjektive Ebene, auf die konkreten Praxen der Einzelnen, deren aktive Produktions- und Reproduktionsprozesse der sozialen Bestimmtheiten, verlagert werden, was im Empirieteil erfolgt. Auch wenn beide Ebenen, die „subjektive“ und die „objektive“, beständig ineinandergreifen und sich gegenseitig bedingen, halte ich deren analytische Trennung für sinnvoll und zielführend, da erst dadurch der Prozeß als Ganzes greifbarer und transparenter wird.

Um uns [1] an unseren Forschungsgegenstand, die Individualisierung, anzunähern, werden wir zunächst die Begriffe „Individuum“ und „Individualität“ beleuchten. Mit Elias werden wir den historischen Kontext des „Individuums“ erörtern und seinen Konzepten jene von Foucault gegenüberstellen, vor allem um die Begriffe Macht und Herrschaft einzuführen. Hier anschließend fokussieren wir den Begriff des „Individuums“ zunächst aus feministischer und sodann aus psychologischer bzw. kritisch-psychologischer Perspektive.

Im nächsten Schritt gilt es, unter Bezugnahme auf Becks Individualisierungstheorem, eine weitestgehende Analyse gegenwärtiger sozialer Prozesse zu vollziehen. Hier wird uns einerseits beschäftigen, unter welchen Rahmenbedingungen der Prozeß der Individualisierung voranschreitet. Andererseits wollen wir das Zusammenspiel von Individualisierung und moderner Ordnungsbildung bzw. sozialer Kontrolle ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit stellen.

In der dritten Station unserer Überlegungen wird es notwendig, die bisherigen Analysen noch umfassender zu kontextualisieren. So werden wir uns darum bemühen, den grundsätzlichen Zusammenhang von Individualisierung und kapitalistischer Ökonomie und im speziellen ihrer aktuellen Gestalt, der „neoliberalen Globalisierung“, herzustellen.

Schließlich widmen wir unser Forschungsinteresse im letzten theoretischen Schwerpunkt der Situation Jugendlicher im Hinblick auf die gegenwärtigen sozialen Verhältnisse. So werden wir hier spezifische Anforderungen, im besonderen jene von Arbeits- und Konsummärkten, aufzeigen, womit wir einen Anknüpfungspunkt für die anschließende empirische Erhebung schaffen.

Auch der Empirieteil gliedert sich in mehrere Abschnitte. Hier werden wir uns zunächst auf die äußeren Rahmenbedingungen der Untersuchung konzentrieren (Darstellung der Erhebungs- und Auswertungsmethoden, Ausgangsüberlegungen, Auswahl der Stichprobe etc.). Daran anschließend folgt eine kurze Beschreibung jeder einzelnen der zehn Interviewpersonen.

Im nächsten großen Schwerpunkt werden die erhobenen Ergebnisse, die sich in drei Themenkomplexe („Streß/Leistung“, „Selbstdarstellung“ und „Gesellschaft“) aufteilen, umfassend dargestellt.

Im letzten Untersuchungsschritt werden wir uns schließlich einer umfassenden Interpretation des dargestellten Forschungsmaterials widmen, wobei wir hier im Theorieteil bereits erarbeitete Erkenntnisse einfließen lassen, wodurch uns eine tiefere Einsicht in das Zusammenspiel von Theorie und Praxis ermöglicht wird.

 


Anm.: Auch wenn die vorliegende Arbeit nicht im Forschungsteam, sondern von mir alleine produziert wurde, bevorzuge ich hier die Schreibweise des „uns“ bzw. „wir“, nicht um mich hinter einer kollektiven Kategorie zu verstecken, geschweigedenn eine zu konstituieren, sondern ausschließlich, um einen Bezug zu der/dem von mir imaginierten LeserIn herzustellen. [zurück]

 

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